Faktencheck: 7 gängige Vorurteile gegen Windenergie
Inhaltsverzeichnis:
↓ Vorurteil 1: Windräder werfen Schatten, die die Lebensqualität der Anwohner beeinträchtigen
↓ Vorurteil 2: Windräder erzeugen störendes Warnblinken und „Disco-Effekte“
↓ Vorurteil 3: Windkraft-Anlagen führen zu Lärmbelästigung
↓ Vorurteil 4: Windenergie ist klimaschädlich
↓ Vorurteil 5: Windenergie gefährdet Insekten und andere Tiere
↓ Vorurteil 6 : Für Windenergie-Anlagen werden große Wald-Flächen gerodet sowie Böden und Waldinnenklima belastet
↓ Vorurteil 7 : Windenergie belastet die Umwelt mit Sondermüll und Feinstaub
Vorurteil 1: Windräder werfen Schatten, die die Lebensqualität der Anwohner beeinträchtigen
Jeder Baum, jeder Strauch und jedes Haus wirft einen Schatten, dessen Ausdehnung vom Sonnenstand (und damit auch der Jahreszeit) sowie von der Objekt-Größe abhängt. Analog wirft der Turm einer Windkraftanlage einen Schatten, und der drehende Rotor erzeugt (bei Wind) zusätzlich einen bewegten Schatten.
Während der „statische“ Schatten kein Problem darstellt, empfinden einige Menschen den bewegten Schatten als störend.
Immisionsschutz – Vorschriften zum Schattenwurf
Die Wahrscheinlichkeit, dass störender Schatten eines Windrads auf ein umliegendes Grundstück trifft, ist eher gering. Bereits im Genehmigungsverfahren eines Windparks müssen die Verantwortlichen beachten, dass ein Windrad umliegende Wohngebiete nur minimal „überschattet“ – wenn überhaupt.
Eine Computer-Simulation berechnet dabei die Länge des Schattenwurfs einer Windkraft-Anlage (WKA); und zwar abhängig vom Tages- und Jahreslauf der Sonne und bezogen auf jeden relevanten Ort in der Umgebung.
Beispielsweise wirft ein 200 Meter hohes Windrad in 800 Meter Entfernung nur morgens und abends ca. 1 Stunde Schatten – wenn zur jeweiligen Zeit die Sonne vom wolkenlosen Himmel strahlt. Im Winter treten die Schatten vormittags und nachmittags auf – auch hier nur bei entsprechender Witterung.
Im Umkreis von 800 m befindet sich aufgrund der Abstandsvorschriften meist keine Wohnbebauung. Der Schattenwurf eines Windrads kann aber je nach Wetterlage über 1 km Länge erreichen, bevor er diffus und damit nicht mehr als solcher wahrgenommen wird.
Deshalb schreibt der sogenannte Immisionsschutz vor, dass der als störend empfundene bewegte Schatten eines Windrads
- maximal 30 Stunden pro Kalenderjahr (0,3 %) und
- maximal 30 Minuten pro Kalendertag (2 %)
auf einen Ort fällt. Dabei geht man man von durchgehend sonnigem, wolkenlosem und windigem Wetter aus – sodass die realen Werte deutlich geringer ausfallen.
Die Windkraft-Anlage wird so programmiert, dass sie bei Überschreitung der Grenzwerte automatisch abschaltet. Eine Einschränkung liefert eine Alarmstufe oder eine Notfallstufe nach Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe b und Artikel 11 Absatz 1 der Verordnung (EU) 1938/201: En einem solchen Fall können die Betreiber der WKA auf die schattenwurfbedingte Abschaltung auf Antrag verzichten.
Fazit
Angesichts der strengen Vorschriften zum Immisionsschutz wirft ein Windrad nur selten und wenn dann nur für kurze Zeit einen störenden Schatten auf Wohngebiete. Eine signifikante Beeinträchtigung der Lebensqualität der Anwohner ist damit nicht gegeben.
Quellen und weiterführende Links
Vorurteil 2: Windräder erzeugen störendes Warnblinken und „Disco-Effekte“
Der Disco-Effekt
Dieses Vorurteil beinhaltet zwei Aspekte. Beginnen wir mit dem sogenannten „Disco-Effekt“, der Windkraftanlagen zugeschrieben wird: Schnell drehende Rotoren sollen aufgrund ihrer reflektierenden Oberflächen störende Licht-Reflexionen erzeugen – ähnlich einem Stroboskop in einer Disco.
Heute ist die „Disco“ ein „Club“, was bereits Rückschlüsse auf den zeitlichen Ursprung dieser Beobachtung zulässt: Nur in den Anfängen der Windenergie-Erzeugung konnte man bei sehr kleinen und sehr schnell drehenden Windrädern solche „Blitzer“ wahrnehmen.
Solche Licht-Effekte treten heutzutage nicht mehr auf aufgrund:
- Größerer Windräder und langsameren Rotor-Bewegungen
- Verwendung von nicht-reflektierenden Farben
- Großer Abstände zu Wohnsiedlungen
Rotes Blinken – die Nachtkennzeichnung
Die „Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Kennzeichnung von Luftfahrthindernissen“ (AVV) besagt, dass Hindernisse mit mehr als 100 Metern Höhe zu kennzeichnen sind – bei Tag und bei Nacht. Die Vorschrift gilt damit für praktisch jedes Windrad.
Die Nachtkennzeichnung kann über ein „Hindernisfeuer“ am höchsten Punkt der Anlage erfolgen. Alternativ über ein „Gefahrfeuer“, das 20 bis 60 Mal pro Minute blinkt und von beiden Seiten aus sichtbar ist.
Deshalb sind die meisten Windenergie-Anlagen mit einer permanent blinkenden Nachtkennzeichnung versehen. Diese nächtlichen „Blitze“ können als störend empfunden werden – je nach Entfernung der Lichtquelle und der Wetterlage.
Seit 2015 erlauben der technische Fortschritt und der Gesetzgeber die „bedarfsgerechte Nachtkennzeichnung“ (BNK): Das System erkennt Flugobjekte im Umfeld von 4 km und in einer Höhe unter 600 m – und schaltet nur in diesem Fall die Beleuchtung an.
Die Systeme besitzen allesamt besitzen Radar-Detektoren, die den Luftraum überwachen. Die Detektoren melden an einen Zentral-Computer, dass sie ein Flugobjekt nähert, und diese Info wird über Kabel, Internet oder Funk an die WEA gemeldet.
Ab 01.01.2025 müssen alle Windenergie-Anlagen (WEA) mit einer solchen „bedarfsgerechten Nachtkennzeichnung“ (BNK) ausgestattet sein. Bestehende Anlagen sind entsprechend nachzurüsten, außer wenn das Ganze „wirtschaftlich unzumutbar“ wäre. Konkrete Kriterien für eine solche Ausnahme sind nicht dokumentiert, die Prüfung obliegt der Bundesnetzagentur.
In jedem Fall sind alle von Wind18 geplanten Windenergieanlagen von vornherein mit einer „bedarfsgerechten Nachtkennzeichnung“ ausgestattet.
Fazit
Eine signifikante Beeinträchtigung der Lebensqualität aufgrund Disco-Effekt bzw. Warnblinken ist damit nicht gegeben.
Quellen und weiterführende Links
Behrend, Ferdinand: Identifizierung und Bewertung der durch die Einführung der transponderbasierten bedarfsgesteuerten Nachtkennzeichnung (BNK) entstehenden flugbetrieblichen Risiken und Beschreibung von Risikominimierungsmaßnahmen, 2019
Vorurteil 3: Windkraft-Anlagen führen zu Lärmbelästigung aufgrund von Schall- und Infraschall-Immisionen
Belästigung durch Schall
Windenergie-Anlagen erzeugen Schall aufgrund mechanischer Bewegungen und aerodynamischer Wirkungen. Wie viel dieser Schallanteile am Ohr der Anwohner ankommen, hängt von vielen Faktoren ab:
- Allgemeine Wetterlage
- Windrichtung
- Weitere Geräuschquellen
Zudem ist die Geräusch-Empfindlichkeit von Mensch zu Mensch unterschiedlich.
Zugelassene Schallpegel
Um sicherzustellen, dass keine schädlichen Umwelt-Einwirkungen oder Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft entstehen, gibt es klare Vorschriften: Windenergie-Anlagen müssen die maximal zugelassenen Schallpegel für „Wohn- bzw. Mischgebiete“ der „Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm“ unterschreiten.
- Am Tag: 50 dB bzw. 60 dB
- In der Nacht: 35 dB bzw. 45 dB
Um das Ganze praxisgerecht einzuordnen:
- Eine klassische Spülmaschine kommt auf ca. 50 dB.
- Ein PKW im Stadtverkehr gibt ca. 75 dB an Schall ab.
- Der übliche häusliche Hintergrund-Schall beträgt ca. 35 dB.
Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens einer WKA werden die zu erwartenden Pegel für den jeweiligen „Immissionsort“ berechnet. Zu den schalltechnischen Vermessungen, die den Typ der Windkraft-Anlage berücksichtigen, kommen Sicherheitsaufschläge hinzu.
Zudem werden bestehende Lärm-Belastungen berücksichtigt: z. B. Industrie-Lärm, Biogas-Anlagen, Lüftungen etc. Je mehr Schallpegel vorhanden ist, desto leiser muss eine WKA sein bzw. desto weiter entfernt muss sie errichtet werden.
Die Höchstwerte gelten im Übrigen bereits beim Bau der Anlage, nicht nur im Betrieb.
Belästigung durch Infraschall
Infraschall sind die Schall-Anteile, die Menschen nicht hören, aber ggf. spüren können. Im Film kommen solche Effekte sogar gezielt zum Einsatz – in einem Frequenzbereich von ca. 8 bis 20 Hertz. Auch Wind, Wasserfälle, Klimaanlagen, Straßen- und Schienenverkehr enthalten „Infraschall“-Anteile.
Die Einschätzung, dass Windkraft-Anlagen aufgrund ihrer Infraschall-Emissionen gesundheitsschädlich sein können, ist weit verbreitet.
Ursprung ist eine Studie des Mainzer Mediziners Prof. Dr. Christian-Friedrich Vahl. In dieser behauptete er, dass die menschliche Herzleistung bereits nach einer Stunde Infraschall-Einwirkung um bis zu 20 Prozent sinken könne. Daraus leitete er einen Mindestabstand von 2.000 Metern zwischen Windrad und Wohngebiet ab.
Dagegen steht ein Faktencheck des Bundesverbands Windenergie: Die Infraschall-Emissionen, die auf die untersuchten Herzmuskelfasern trafen, seien drastisch höher als der Infraschall, den Windenergie-Anlagen abgeben.
Der Fehler in der Mainzer Studie wurde in Nachhinein von den Verfassern öffentlich eingeräumt.
Das technische Forschungszentrum Finnland (VTT) hat zahlreiche Tests mit lebenden Probanden durchgeführt: Diese zeigten keinerlei gesundheitliche Beeinträchtigungen. Die finnischen Wissenschaftler gehen von einem „Nocebo-Effekt“ aus, wenn Menschen in der Nähe von Windrädern (trotzdem) gesundheitliche Beeinträchtigungen empfinden.
Fazit
Nach der aktuellen Studienlage beeinträchtigt der Infraschall, der von Windrädern abgegeben wird, keine gesundheitlichen Probleme. Trotzdem empfiehlt sich aufgrund von Schall-Immisionen ein Mindestabstand von 700–800 Metern zur Wohnbebauung.